Backsteinexpressionismus ist der Baustil, wofür uns die Besucher unserer Stadt und dabei besonders unsere ausländischen Gäste immer loben. Es ist etwas, wovon sie zumeist ganz besonders fasziniert sind. Das Chilehaus, der Sprinkenhof oder auch das Planetarium sind beste Beispiele dafür. Denn nirgendwo sonst findet man solche imposante Gebäude aus der Zeit des Beginns des 20. Jahrhunderts, die alle mit einem Material erbaut wurden, dem Backstein. Begeben wir uns heute auf eine kleine Zeitreise, um zu erfahren, wie alles begann und was wir heute davon noch sehen können.
Hamburg Anfang des 20. Jahrhunderts
Um 1900 herum lebten in Hamburg circa 700.000 Menschen. Und die Einwohnerzahl ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Die Stadt hat gerade die größte Choleraepidemie seiner Geschichte mit über 8.000 Toten hinter sich. Begünstigt wurde die Situation durch die sogenannten Gängeviertel, in denen die Leute unglaublich beengt in allerärmlichsten Verhältnissen und ohne jegliche Wasser- und Abwasserversorgung wohnten. Nicht umsonst sagte Robert Koch, der Entdecker des Cholera-Erregers, als er 1892 nach Hamburg kam: „Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für Ansteckungskeime angetroffen wie hier. Ich vergesse, dass ich mich in Europa befinde“. Die Entscheidung, die Gängeviertel also in der Folge abzureißen, war kein Luxus, sondern eine dringende Notwendigkeit. Denn zu lange hatte Hamburg damit gelebt.
Gleichzeitig wird die durch den Zollanschluss notwendig gewordene Speicherstadt gebaut und 1888 von Kaiser Wilhelm II eingeweiht. Kaufleute, die hier zuvor ihren Firmensitz hatten, mussten weichen, genauso wie etwa 20.000 Personen, die dort wohnten. Das begünstigt den Bau der großen Kontorhäuser. Die Wohnbevölkerung zieht in die umliegenden Bezirke Hamburgs, so wie Barmbek. Sie muss nun sehen, wie sie zu ihrem Arbeitsplatz am Hafen kommt. Eine U-Bahn gibt es anfangs noch nicht, denn diese wurde erst 1912 gebaut.
Oberbaudirektor Fritz Schumacher
Bürgermeister Mönckeberg hat zu dieser Zeit große Pläne. Hamburg muss sich den neuen Bedingungen anpassen und soll ‚verschönert‘ werden.
Sein Augenmerk fällt auf Fritz Schumacher als jemand mit entsprechendem Weitblick, mit künstlerischen Fähigkeiten und sozialreformerischen Gedanken. So wird er 1909 Oberbaudirektor in Hamburg. Zuvor war er in Dresden aktiv und hat bereits dort sehr viel mit Richard Kuöhl zusammengearbeitet. Diesen hat er gleich nach Hamburg mitgenommen und auch er hat in unserer Stadt seine Spuren hinterlassen.
Der Backstein als Baumaterial
In Schumachers Augen entspricht das Material Backstein den Hamburger Attributen: Backstein ist bodenständig und damit hanseatisch. Es hat die Eigenschaften Handwerklichkeit und Konstruktionsehrlichkeit und knüpft außerdem an die regionale Bautradition an. Dazu kommt, dass es einen großen gestalterischen Reichtum aufgrund von Form und Farbe zuläßt. Am liebsten wollte Schumacher gleich die ganze Stadt in Backstein bauen, so begeistert ist er. Das passierte nicht, aber immerhin haben wir heute fast 300 Gebäude aus Schumachers Hand in Hamburg. Wer es jetzt ganz genau wissen will, findet sie alle auf dieser hervorragenden Webseite.
Schumachers Werke
Durch Fritz Schumacher entstehen die durch Geschäftshäuser geprägte Innenstadt Hamburgs und Wohnsiedlungen am Rande der Stadt wie Dulsberg und Jarrestadt. Ebenfalls von ihm initiiert sind heute noch das Straßensystem mit dem sogenannten Achsenmodell, also den Ausfallstraßen aus der Stadt heraus, die alle in der Innenstadt starten.
Und einige Bauwerke sind uns sehr bekannt: Das Holthusenbad in Eppendorf beispielsweise, das Bernhardt-Nocht-Institut oberhalb der Landungsbrücken, das Museum für Hamburgische Geschichte, aber auch die Krugkoppelbrücke, die gerade restauriert wurde. Oder das Landhaus Walter im Stadtpark und einige Bauwerke auf dem Ohldorfer Friedhof, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Bei der Finanzbehörde am Gänsemarkt und an der Davidwache gibt es übrigens wunderbare Dekoelemente zu entdecken. Diese sind allesamt das Werk des Bildhauers Richard Kuöhl, die Gebäude selbst sind natürlich von Fritz Schumacher.
Weitere Architekten des Backsteinexpressionismus
Nun war Schumacher in seiner Funktion als Oberbaudirektor sozusagen der Trendsetter des Backsteinexpressionismus. Andere Architekten wie Fritz Höger (Chilehaus), Distel & Grubitz (Montanhof) oder die Brüder Gerson (Ballinhaus / Messberghof) taten es ihm gleich. Unverkennbar ist dieser Stil für die 1920er Jahre der Baustil in Hamburg schlechthin.
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