Calabria hat fast 800 Kilometer Küste. Vor zwei Jahren sind wir den westlichen Teil bis zur Straße von Messina entlang gefahren mit einem Halt in der wunderschönen Stadt Tropea. Dieses Mal haben wir uns den östlichen Teil vorgenommen. Von den Dolomiti Lucane sind wir also erst einmal auf direktem Weg ans ionische Meer gefahren. Gut ausgebaute Straßen sichern schnelles Vorankommen.
Unsere erste Station in Calabria ist Rossano, seit 1731 Heimatstadt der Amarelli Lakritze, die mit den wunderschönen Dosen. Es gibt dort ein Museum, für das man sich voranmelden sollte.
Denn ohne Führung kommt man dort nicht hinein. Und obwohl Führungen in deutsch auf der Webseite angeboten werden, finden sie in italienisch statt. Allerdings gibt es bei Bedarf deutsch sprechende Mitarbeiter, die das Ganze im Anschluß noch erklären können. Und natürlich können die Lakritz auch probiert und gekauft werden. Ich bin wirklich ein Fan von Lakritz, aber diese sind mir teilweise zu scharf. Dass das die mit den schönsten Dosen sind, ist auch klar.
Der Ort Rossano besitzt ein sehr schönes centro storico auf dem Berg. Wir machen nur einen kurzen Abstecher zur Mittagspause, wo wir uns in einem kleinen Laden zwei panini zubereiten lassen. Dieser Service gefällt mir hier in Italien und es gibt ihn sogar in Supermärkten. Brötchen und Belag werden einfach abgewogen und das panino dann vom Personal frisch zubereitet.
Anschließend geht es weiter entlang der Küste in Richtung Crotone in der Nähe des kleinen Ortes Isola di Capo Rizzuto. Somit sind wir fast am östlichsten Punkt Calabrias angekommen, auf der Sohle des Stiefels sozusagen. Wir landen in einem Neubaugebiet bei Sandro. Er hat dort ein neues Haus mit dem ersten Stock als Appartement eingerichtet. Wir hätten dort auch einziehen können, so schön fanden wir es. Zur Begrüßung stand eine Flasche Prosecco bereit, die wir dann erst einmal auf der Terrasse genossen haben. Große Pläne hatten wir nicht. Eine Pause am Meer schien uns gerade willkommen.
Crotone hat ein lungomare, wo sich abends alles abspielt. Ein wunderschöner Blick auf die schön beleuchtete Bucht läßt sich am besten von einem der Restaurants am Wasser genießen. Das centro storico ist nicht touristisch und insofern sehr bewohnt.
Sandro empfiehlt uns zwei Strände bei Isola di Capo Rizzuto, allerdings keine Insel wie der Name vermuten läßt. Am schönsten fanden wir den Strand Le Canella, eine ruhige breite Bucht mit angenehmen roten Sand. Das Wasser ist glasklar und sauber. Man muss ein bißchen nach ihm suchen, aber dann gibt es dort ausreichend Parkplätze etwas oberhalb des Strandes. Es ist Ende August / Anfang September und bereits Saisonende. Obwohl es noch herrlich warm ist, aber spätestens ab 15. September geht hier die Schule wieder los. Für uns ist das ideal.
Von Crotone aus geht es nach fünf Tagen weiter nach Süden. Inzwischen ist etwa Halbzeit unserer Reise. Auf dem Weg nach Scilla an der Westküste gegenüber von Sicilia machen wir einen kurzen Abstecher nach Pentedattilo.
Dieser Ort liegt nur vier Kilometer in Richtung Landesinnere. Er ist nicht wirklich ein Ort, denn seine Bewohner haben ihn nach einem Erdbeben von 1783 verlassen. Seitdem war er bis vor etwa 12 Jahren unbewohnt. Inzwischen haben sich engagierte Leute zusammengetan und wollen den Ort sanft wiederbeleben. Es kommen nur wenige Besucher überhaupt in diesen Geisterort. Im Oktober jeden Jahres ist er Schauplatz des International Short Film Festival. Wir sind leider zu früh. Sogar vier Appartements gibt es im Dorf bereits zu mieten, die schöne, alte Kirche ist wieder aufgebaut und eine Handvoll Kunsthandwerkerläden schaffen Atmosphäre. Auch 35 Katzen leben hier. Pentedattilo heißt übrigens fünf Finger, weil es an einigen Felsen liegt, die an eine Hand erinnern.
Abends in Scilla angekommen treffen wir uns mit Wilma und Luca. Wilma habe ich vor einigen Jahren über Piazza Amburgo kennengelernt, und wir sehen uns fast schon regelmäßig in Hamburg, Venedig, Mailand oder wie dieses Mal in Calabria. Sie kommt aus der Ecke hier und kann uns sozusagen die perfekten Orte in Scilla zeigen. Wir gehen erst zu Fuß am lungomare entlang, unter dem castello durch einen Tunnel hindurch in den Teil, der sich Chianalea nennt.
Oder auch Klein-Venedig wie die Bewohner dazu sagen. Die Häuser liegen direkt am Wasser, was tatsächlich ein wenig an Venedig erinnert, allerdings fehlen die vielen Brücken.Wir essen vorzüglichen Schwertfisch, der hier zuhause ist, in Form von kleinen Rouladen, involtini. Diesen Abend hatten wir zudem großes Glück, denn in Scilla gab es ein Treffen des Fiat 500 Club Reggio Calabria. So bewundern wir noch die schönen alten Fiat-Modelle, die sich an der Straße entlang des lungomare präsentieren. Diese Autos gehören einfach zu Italien.
Die nächsten Tage mit Wilma und Luca sind sehr schön. Wir lernen gegenseitig deutsch und italienisch und die Beiden erzählen uns viel zur kalabrischen Küche. So probieren wir eine preisgekrönte gelateria in Scilla aus, die wirklich ganz hervorragende granita macht.
Mit Bergamotte, eine zitronenähnliche Frucht, die hier überall wächst. Man bestellt noch ein brioche dazu, welches dann in die granita getunkt wird.
Auch probieren wir arancini, kleine runde frittierte und unterschiedlich gefüllte Teilchen, die sehr lecker und sättigend sind. Und da wir uns hier am Meer befinden, darf natürlich crudo nicht fehlen, roher Fisch und Garnelen. Geschmacklich befinden wir uns auch hier in einem wahren Paradies.
Als die beiden nach Mailand zurück müssen, machen wir einen kurzen Ausflug in den Parco Nazionale di Aspromonte. Dazu haben wir uns ein kleines Picknick eingepackt und genießen es an einem der Holztische mit Bänken. Die Italiener um uns herum sind deutlich besser ausgestattet, mit Tischdecken und vor allem leichten Daunenjacken.
Denn wir befinden uns auf über 1.000 Metern Höhe, und die Temperaturen liegen nur noch bei 19 Grad. Uns ist etwas frisch, und somit fällt unser Picknick recht kurz aus. Überall an der Straße stehen Händler und verkaufen Wurst, Käse, frisches Gemüse und viele Pilze, die es hier im Wald gibt. Im Winter gibt es hier oben ein Skigebiet, etwas, was ich in Calabria gar nicht erwartet hätte. Die ganze Umgebung ist sehr grün, die Auffahrt in den Park von Serpentinen geprägt. Farne und riesige Olivenbäume stehen entlang der Straße. Soweit das Auge reicht ist Wald um uns herum.
Scilla liegt an der Meerenge von Messina. Von hier aus kann man Sicilia sehen, bei gutem Wetter auch die Äolischen Inseln. Vom Nachbarort Villa San Giovanni nehmen wir die Fähre und verlassen das Festland.